ALNATURA BIO-BAUERN-INITIATIVE Ein Gesamtkonzept, das überzeugt Auch auf dem Feld ein eingespieltes Team: Ricky Bärwolf mit Tochter Melina, Ehefrau Ilka und Sohn Lion (v.l.n.r.). Den ersten Platz beim Förderpreis des Projektes »Gemeinsam Boden gut machen« des Naturschutzbunds Deutschland e. V. und von Alnatura erhielt in diesem Jahr der Biohof Bärwolf. Was hat die Jury so überzeugt vom Hof der Bärwolfs in Klettbach, einem Dorf vor den Toren der thüringischen Landeshauptstadt Erfurt? Wir waren vor Ort und haben Antworten gefunden. E igentlich wollten wir nur Selbstversorger werden und kauften 2009 ein paar Kälber, mit der Zeit kamen Schafe und Ziegen hinzu«, erzählen uns Ilka und Ricky Bärwolf. Sie ist auf dem Bauernhof der Großeltern groß geworden, ihn begeisterte schon als Kind das Landleben. »Unser Traum war es, gesund und gut zu essen, ohne künstliche Aromen, Konservierungs- und Farbstoffe, und Tiere sollen artgerecht aufwachsen und leben können«, so Ricky Bärwolf. »Wir sind dafür, wenig Fleisch zu essen, wollen dies aber mit gutem Gewissen genießen.« 2015 kam der große Schritt: Die beiden gründeten ihren Landwirtschaftsbetrieb. Bereits ein Jahr später begannen sie, den Betrieb komplett auf Bio umzustellen. Heute pflegen sie 130 Hektar Grünland, vor zwei Jahren sind weitere 30 Hektar Ackerland hinzugekommen. Mit insgesamt 60 Schafen und 40 Ziegen erhalten die Bärwolfs wertvolle Öko-Wiesen, pflegen Naturschutzgebiete, aber auch Obsthaine rund um Erfurt. 20 Alnatura Magazin November 2024 Ganz bewusst entschieden sie sich auch für alte Haustierrassen, einige davon vom Aussterben bedroht. Leineschafe zum Beispiel. Sie sind perfekt angepasst an das Mittelgebirge und liefern schmackhaftes, hochwertiges Fleisch. Ganz nebenbei sorgen auch noch 50 Kühe samt Kälbern beim Grasen auf dem Grünland für Artenvielfalt auf und im Boden. Frische Luft und sattes Grün Wir steigen zu Ricky Bärwolf in den Wagen und fahren zur Mutterkuh-Herde. Gemächlich kommen die Tiere zu uns. Ricky Bärwolf reinigt die Tränke und füllt frisches Wasser auf. Dann kontrolliert er den Weidezaun. »Unsere Tiere sind von Ende März bis Mitte November auf der Koppel, je nach Wetterlage. Alle Kälber werden großgezogen«, betont er, »egal, wie viel Milch sie benötigen oder wie viel Fleisch sie bringen.« Ohne Kraftfutter wachsen auch die Jungbullen auf. Erst nach drei Jahren werden sie – direkt auf der Weide –
ALNATURA BIO-BAUERN-INITIATIVE geschlachtet. »Unsere Tiere bleiben vom ersten bis zum letzten Tag ihres Lebens hier«, berichtet uns Ricky Bärwolf. »Achtung bis zum Schluss« lautet das zentrale Motto zur Verantwortung im Umgang mit den Tieren. Die Idee ist, die Tiere in ihrer gewohnten Um gebung ohne vorherige Transporte zu schlachten. Dazu wird ein Schlachtanhänger, in dem die Tiere schon einige Tage vor der Schlachtung Futter er halten, auf die Weide gestellt. Die Tiere sind völlig entspannt, wenn unter Anwesenheit eines Tier arztes die Betäubung per Bolzenschuss erfolgt. »Das Fleisch zerlegen und verarbeiten wir in der zur Metzgerei umgebauten Scheune und verkaufen es direkt in unserem Hofladen.« Die Nachfrage ist groß. Auch nach dem mobilen Schlachtanhänger, der weiteren Höfen angeboten wird. Die nächste Generation heranführen Tochter Melina möchte Agrarmanagement in Dresden studieren. Sohn Lion geht noch zur Schule. Beide helfen im Betrieb bei allem mit, was anfällt, vom Hoffest bis zum Ausmisten. Lion, der eine Lernschwäche hat, schaut seit zwei Jahren Fleischermeister Michael Bollmann bei der Arbeit über die Schulter. »Weniger Theorie, mehr Praxis – das ist die Lösung«, ist der Meister überzeugt. Seit August gibt es nun auch die Fachpraktiker-Ausbildung und Lion wird der Erste in Thüringen sein, der sie absolviert. Jugendliche wie er können so selbstbestimmt leben. Dafür haben sich die Bärwolfs und viele Freunde über ein Jahr bei Behörden eingesetzt und sie letztendlich überzeugt. Und auch sonst liegt den Bärwolfs der Nachwuchs am Herzen: Kinder der dritten und vierten Klasse der Erfurter Aktivschule besuchen regelmäßig den Betrieb und für junge Menschen gibt es die Möglichkeit eines freiwilligen ökologischen Jahres, bei dem sie lernen, wie ökologische Landwirtschaft in Ver bindung mit Naturschutz und Landschaftspflege funktioniert. Ein Gesamtkonzept, das überzeugt: Alle Jurymitglieder des Projektes »Gemeinsam Boden gut machen« haben den Biohof Ricky Bärwolf unabhängig voneinander bei der diesjährigen Förderpreisvergabe auf den ersten Platz gesetzt. Vom Preisgeld wollen die Bärwolfs Geräte für die Bodenbearbeitung kaufen. Ein Plakat, das die Bärwolfs bei ihrer Auszeichnung erhalten haben, hängt am Hofladen und erinnert an einen unvergesslichen Sommertag bei der Preisverleihung auf dem Alnatura Campus in Darmstadt. kk Die Alnatura Bio-Bauern-Initiative Seit bald zehn Jahren engagiert sich Alnatura im Rahmen der Alnatura Bio-Bauern-Initiative (ABBI) für das Förderprojekt » Gemeinsam Boden gut machen« des NABU. Bäuerinnen und Bauern werden damit bei der Umstellung auf den Bio-Landbau finanziell unterstützt. 119 Höfe und insgesamt knapp 20 000 Hektar haben bereits erfolgreich auf Bio umgestellt oder ihre ökologische Bewirtschaftung erweitert. Voraus setzung für eine Förderung ist, einem Verband (zum Beispiel Naturland, Bioland oder Demeter) bei zutreten. Mehr unter alnatura.de/biobauern.
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