Damit der Bio-Stall keimfrei bleibt, ist die Dusche ein Muss. Angekom men im Betrieb, überreicht Paolo seinem Cousin die Tasche mit Overall, Socken, Shampoo und Handtuch, auch der Föhn liegt bereit. Vor der Schleusentür stehen die Gummistiefel. Bewusst wurde der einsam gelegene Stall im Piacentino, mindes tens zehn Kilometer von anderen Ställen entfernt, für die Bio- Linie ausgesucht. 2017 wuchs der Verkauf von Bio-Produkten bei Fumagalli um 62 Prozent. Lastkraftwagen bleiben beim Befüllen der Futtersilos vor dem Betriebszaun, um keine Krankheitserreger einzuschleppen. Das Futter, das sie liefern, ist natürlich bio und gut ausbalanciert, reich an Antioxidantien, essenziellen Ölen, Omega-3- und Omega- 6-Fettsäuren und Hefen. So schreiben es die Fumagalli- Richtlinien klar vor. Schweine mit Ringelschwänzchen Pietros Blick schweift über die firmeneigenen Felder rund um den Stall. Auf den 34 Hektar Acker im Tal werden Mais, Hafer, Soja, Hülsenfrüchte und Weizen angebaut. Dann sieht er sich den Stall an. Dort wuselt es. Muttersäue und ihre Ferkel laufen zwischen Außen- und Innenbox umher, alle Tiere mit Ringelschwanz – keine Selbstverständlichkeit. »Der großzügige Bewegungsraum ver hindert, dass sich die Schweine untereinander verletzen«, erklärt Paolo Santi. »Auch in den Besamungsboxen haben wir Bewegungsfreiheit geschaffen.« Ein Wohlfühlpaket für die Schweine, mit Stroh als Einstreu, und das während des gesamten Lebenszyklus. Erst nach 42 Tagen trennen sich die Wege von der Mutter sau und ihren Ferkeln. Die Geschwister- Ferkel werden möglichst im Familienverband aufgezogen. Kastriert wird im Bio- Stall nur mit Narkose und Schmerzmittel. Seit fast 20 Jahren werden keine Zähne mehr abgeschliffen. Der Transport der Tiere zum Mastbetrieb bei Mantova oder zur Schlachterei im Stammbetrieb darf vier Stunden nicht überschreiten. Im Außengehege stürzen sich die abgesetzten Ferkel auf das frisch eingestreute Stroh. Neugierig schauen sie die Gäste an, toben dann aber weiter und knabbern spielend an den Halmen. Zwischen den Ferkeln der hauseigenen hellrosa Schweinerasse T&T tummeln sich rotbraune Tiere mit Schlappohren aus der Kreuzung mit der robusten Land rasse Duroc. Ihr Fleisch ist etwas dunkler, die Muskeln mit feinen Fettadern durchzogen (marmoriert), was das Fleisch schmackhafter macht. Alles in einer Hand Mit der eigenen geschlossenen Bio-Kette – vom Erbgut, der Auswahl der Säue, der Ferkelaufzucht und -mast, der Schlachtung (Betäubung mit Kohlendioxid, nicht mit Elektroschocker), der Wurst produktion bis hin zur verpackten Salami – hat das Unternehmen Fumagalli ein weiteres Ziel erreicht: Die komplette Kontrolle über die Produktion liegt in einer Hand. So können Qualität und Sicherheit der Wurstwaren garantiert werden. Rigoros befolgt der Familienbetrieb die Richtlinien für das Qualitätssiegel DOP (Geschützte Herkunftsbezeichnung) auf dem Parmaschinken. 22 Alnatura Magazin September 2018
»Das Produkt spiegelt unsere Werte wider.« – Dieses Credo von Arnaldo Fumagalli wird von Söhnen und Enkeln gelebt. Links: Die offene Seite des Parmaschinkens wird mit einer Paste aus Fett, Reismehl und Pfeffer geschlossen, damit er beim monatelangen Reifen nicht austrocknet. Rechts oben: Das Fleisch wird für die Sa lamiproduktion vorbereitet. Rechts unten: Salami in der Reifekammer. »Das Produkt spiegelt unsere Werte wider.« Dieses Credo von Arnaldo Fumagalli wird von seinen Kindern und Enkeln gelebt. Er selbst übernahm 1945 gemeinsam mit Bruder Giuseppe die Firma seines Vaters und baute sie zu einem modernen Industriebetrieb um. »Für uns geht es zuerst um Qualität und dann um Quantität«, unterstreicht Cesare Fumagalli (64), der derzeitige Präsident von Fumagalli Salumi. Er ist zutiefst davon überzeugt, dass das Wirtschaften neu gedacht werden muss. »Mit gelebter Nachhaltigkeit wollen wir im Kleinen ein Zeichen setzen. Wir müssen es schaffen, ein Gleichgewicht zwischen industrieller Produktion und Umweltschutz zu finden und der steigenden sozialen Ungerechtigkeit entgegensteuern. Es ist an der Zeit.« Nach seinem Stallbesuch verabschiedet sich Pietro von seinem Cousin Paolo und kehrt zum Firmensitz im Norden Mailands zurück. Der Familientisch ist heute für sechs Personen gedeckt. Wohldrapiert liegen Salami, Schinken, Coppa, Kochschinken und Mortadella auf einem Tablett. Es folgen Risotto, Pasta und als Hauptgericht ein Fleisch- oder vegetarisches Gericht. Die Stimmung beim Mittagessen ist entspannt. Pietro erzählt von seinen Eindrücken im Piacentino und greift nach einer Salamischeibe. ››› Katrin Kasch Kochschinken, Mortadella und Salami von Fumagalli.
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