»Schon mein Großvater hat die Felder so bewirtschaftet – im Einklang mit der Natur, im Schweiße seines Angesichts und mit Schwielen an den Händen.« Pompeo Farchioni Jr. Pompeo Jr. mit seinem Sohn Marco Farchioni. Ein Generationswechsel steht bei Farchioni Olii (S.P.A.) bevor. Seit dem 16. Jahrhundert stehen Olivenbäume rund um den Ort Giano dell’Umbria in der Provinz Perugia, wo die Firma heute ihren Sitz hat. 1920 und 1960 wurden Bäume nachgepflanzt: 25 000 sind es heute auf 60 Hektar. Derzeit produziert die Familie in ganz Italien auf über 800 Hektar Land Olivenöl. 50 Prozent davon sind bio und auf 120 Hektar wird biodynamisch angebaut. Für den Vater ist das eine kulturelle Wahl. »Das sind unsere Wurzeln, so hat Großvater die Felder bewirtschaftet, im Einklang mit der Natur, im Schweiße seines Angesichts und mit Schwielen an den Händen.« Vater Pompeo Jr., Jahrgang 1954 und derzeit noch geschäftsführender Gesellschafter, organisiert die landwirtschaftliche Produktion. So ist es Familientradition. Die Jungen kümmern sich um den Handel und die Älteren, mit über 30 Jahren Erfahrung, betreuen die Ländereien. Ein Generationswechsel steht bevor, der zehnte: Marco, Manager für Export und Marketing, und sein ein Jahr älterer Bruder Giampaolo, zuständig für den Verkauf in Italien, werden das Unternehmen bald führen. Am nördlichen Horizont sieht Marco im Abendrot die ersten Lichter von Assisi und Perugia angehen. Diese Hügel sind so sehr mit Kindheitserinnerungen verbunden. »Weißt du noch, wie du uns mit drei Jahren die ersten Heurechen in die Hand gedrückt hast?«, erinnert Marco seinen Vater. »Wir waren mächtig stolz, heute nennt man das Kinderarbeit«, lacht er. »Und wie ich als Fünfjähriger bei der Ernte an einem kleinen Tisch neben der Waage saß und das Gewicht der vollen Laster in ein Heft schrieb?« Pompeo erinnert sich lächelnd. Die beiden Männer gehen den Olivenhain hinunter, vorbei an einem einsam gelegenen roten Haus. Hier saß das Kind Marco sonntags mit Großeltern, Onkeln, Tanten, Cousins und Cousinen am Mittagstisch. »Urgroßmutter Ines war die beste Köchin Umbriens«, schwärmt Marco. Sie hatte neben dem Haus 20 Hektar Land als Mitgift in die Ehe mit Pompeo Senior gebracht. Vieles hat sich seitdem geändert. Neue Produktionsmethoden verbesserten die Qualität des Olivenöls deutlich. Noch zu Zeiten von Großvater Lanfranco wurde viel später im Jahr geerntet, immer erst nach dem 8. November. Mit der ersten Kälte geht der Baum in die Winterruhe. Die Oliven sind dann dunkellila, fast schwarz, und sehr reif. Der Anteil des Öls am Gewicht der Frucht ist am höchsten, beträgt 15 Prozent. Aber die Qualität des Öls leidet. Heute wird hier bereits Mitte Oktober geerntet. Männer schlagen sachte auf die Zweige der Bäume und die Oliven fallen auf die ausgelegten Netze oder werden mit speziellen Geräten von den Zweigen gekämmt. Durch den früheren Erntezeitpunkt ist der Ertrag um zwei bis drei Prozent geringer. Dank modernster schonender Produktionstechnik wird jedoch heute das Beste aus den Oliven herausgeholt. Marco Farchioni entscheidet über den Erntezeitpunkt, ob das Öl kräftiger oder milder ausfallen wird und wie möglichst viele Aromen und Phenole enthalten bleiben. Früher standen die Säcke geernteter Oliven stundenlang in der Sonne und wurden erst am nächsten Tag in die Mühle gebracht. Durch Oxidation und Fermentation roch das Öl oft schnell unan genehm und schmeckte ranzig. Heute ist die Olive bei Farchioni spätestens nach acht Stunden in der Mühle. Vom Lastwagen fallen die Oliven direkt auf ein Rüttelband, Blätter und Zweige werden aussortiert, die Oliven gewaschen, bevor sie mit Kern zerkleinert werden. Es entsteht eine breiige Masse, die im Knetwerk gerührt wird. Im Dekanter trennen sich Feststoffe und Öl. Der Saft wird durch Zentrifugen herausgeschleudert. Olivenöl mag es nicht zu kalt oder zu warm. Unter 20 Grad Celsius ist die Ausbeute geringer; um als kalt extrahiert und kalt gepresst deklariert zu werden, darf es sich in der Produktion auf nicht mehr als 27 Grad Celsius erwärmen, bei Farchioni erreicht es maximal 25. Die modernen Mühlen steuern während des Produktionsprozesses die Temperatur. Schutzgase und Vakuum verhindern bei der Lagerung des Öls unkontrollierten Sauerstoffkontakt. Das Ergebnis sind hochwertige Öle, mild bis kräftig im Geschmack, mit frischen grasigen bis fruchtigen Aromen, einem hohen Gehalt an sekundären Pflanzenstoffen wie Polyphenolen und ungesättigten Fettsäuren, Olivenöl nativ extra eben. Es ist dunkel geworden. Vater und Sohn verabschieden sich voneinander. Auf Marco warten seine Kinder Chiara, 7, Giulia, 5, und Lorenzo, 2, die elfte Generation der Farchioni. ››› Gastbeitrag von Katrin Kasch 18 Alnatura Magazin September 2019
Farchionis Umweltengagement Direkt vom Feld in der Ölmühle angekommen, werden die Oliven geprüft und gereinigt. • 30 Prozent der Energie, die im Betrieb benötigt wird, sind bereits Solarenergie. • Die mit Bakterien gereinigten Abwässer der Ölherstellung werden als Düngemittel wiederverwendet. • In der Produktion ist plastikfrei das Ziel, und wo das derzeit technologisch noch nicht möglich ist, wird wiederverwertbares Plastik verwendet. • Jedes Jahr reduziert Farchioni nicht recyclefähigen Abfall um zehn Prozent. • Ein Problem bei Olivenölen können Spuren von gesättigten Mineralöl-Kohlenwasserstoffen (Mosh) und aromatischen Mineralöl-Kohlenwasserstoffen (Moah) sein. Letztere gelten laut Stiftung Warentest als potenziell krebserregend. Sie können u. a. über Abgase oder technische Öle der Maschinen in das Olivenöl gelangen. 2018 schnitt das Farchioni-Olivenöl nativ extra im Vergleich zu anderen Produzenten am besten ab, »als nahezu schadstofffrei« laut Stiftung Warentest 02/2018. • Kleintransporter im Unternehmen sind bereits elektrobetrieben. Farchioni wartet auf die Entwicklung von Traktoren mit Elektroantrieb, um sie in den Olivenhainen einzusetzen. Das Ölivenöl wird aus dem Olivenbrei im Dekanter kalt extrahiert und ungefiltert in die typische Flasche des Casolare Bio grezzo naturale abgefüllt. Alnatura Magazin September 2019 19
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